Internationaler Markt

Die Frage nach Krieg oder Frieden hält Politiker und Diplomaten sowie Rohstoff- und Finanzbörsen in diesen Tagen auf Trab. Dabei steigen nicht nur Energiepreise von einem Hoch zum nächsten. Die Drohkulisse zwischen Ost und West hat ebenfalls einen Maximalgrad der jüngeren Geschichte erreicht. Anders als während des kalten Kriegs bis in die 1980er Jahre handelt es sich heute um eine asymmetrische Bedrohung, bei der nur eine Seite schweres militärisches Gerät in den Ring bringt. Für die andere Seite ist ihre Wirtschaftskraft die Waffe der Wahl.

Nun ist die wirtschaftsmächtige EU allerdings weder ein Nationalstaat, der sich politisch nach Gutsherrenart führen ließe, noch verfügt sie über die natürliche Ressourcen, die Wirtschaftskraft erst ermöglichen. Die Stärke der EU beruht auf globalem Netzwerken. Ein wesentlicher Teilnehmer im Netzwerk ist der Kontrahent selbst. Er liefert das, was die EU am dringendsten benötigt, Energie.

Am Beispiel der Gasversorgung wird die Lage deutlich. 80 Prozent des Bedarfs muss die EU heute importieren. In 2010 waren es noch 65 Prozent. Derzeit kommen 74 Prozent der Importe über Pipelines nach Europa. Mehr als ein Drittel dieser Mengen stammen aus Russland. Die anderen 26 Prozent der Gesamtimporte werden mit Schiffen in Form von Flüssiggas (LNG) eingeführt. Sie stammen, ähnlich wie die gesamten Ölimporte der EU, von diversen Lieferanten. Die Importwege sind üblicherweise ausgelastet. Eine Verschiebung der Mengen zwischen Pipeline und Seeterminal ist nur in geringem Umfang möglich.

Die Gaswirtschaft der EU ist von Russland abhängig. Erschwerend kommt hinzu, dass die Lagerung von Gas im Vergleich zur Lagerung von Öl unzureichend ist. Im Krisenfall ermöglichen die Öllager der EU eine gesetzlich vorgeschriebene Vollversorgung von 90 Tagen. Dabei sind die Heizölvorräte der Endverbraucher noch nicht berücksichtigt. Diese Sicherheit bietet die Gasversorgung nicht.

Vor diesem Hintergrund ist die Zurückhaltung des deutschen Kanzlers, verbale Drohungen auszusprechen, nachvollziehbar. Er kann nur das machen, was man in Deutschland und der EU besonders gut kann, netzwerken. Weil die Verfügbarkeit von Energie sowohl militärisch als auch wirtschaftlich kriegsentscheidend ist, steht die EU im aktuellen Konflikt de facto nackt da. Mehr noch, sie ist extrem verwundbar. Und diese Verwundbarkeit wird an den Energiebörsen seit Monaten gehandelt. Dass Öl dabei weniger extrem als Gas behandelt wird, ist nicht zuletzt der staatlichen Bevorratungspflicht zu verdanken.

Der Rückgang der Eigenversorgung mit Gas ist übrigens der Abkehr Europas von fossilen Energieträgern geschuldet. Genehmigungen für neue Fördergebiete in der Nordsee werden kaum noch erteilt. Gleiches gilt für die Ölförderung. Der zeitgleich verlaufende Aufbau einer regenerativen Energieversorgung kann die vernachlässigten fossilen Angebotsmengen in keiner Weise ersetzen. Sie sind viel zu groß.

Hoffnungen für eine auskömmliche und preiswerte Energieversorgung liegen wieder in den USA. So geht die Erholung der Schieferölindustrie nun zügig voran. Die vorcoronale Stärke sollte im Juni oder Juli dieses Jahres bereits wieder erreicht werden. Die Beschleunigung ist den hohen Ölpreisen zu verdanken. Angesichts der historisch hohen Gaspreise hätte die EU auch keine Schwierigkeiten mehr Gas aus den USA zu beziehen. Hierzu fehlen in Europa aber die entsprechenden Seeterminals. In Deutschland gibt es überhaupt keinen LNG-Hafen.

An den Ölbörsen geht es heute Morgen ruppig zu. Die hoch aufgelaufenen Preise sacken zur Stunde kräftig ab. Eine Tendenz ist daraus nicht ableitbar. Es ist vielmehr ein Zeichen für die Unruhe, die am Tag vor der geheimdienstlich behaupteten Okkupation der Ukraine herrscht.

Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu 93,74 Dollar und das Barrel Brent zu 94,93 Dollar gehandelt. Die Tonne Gasöl kostet 836,00 Dollar. Der US-Dollar kostet 0,8814 Euro. Damit kostet der Euro 1,1341 Dollar.

Nationaler Markt

Die Heizölpreise steigen weiter aufwärts, wie der aktuellen Heizölpreis-Tendenz zu entnehmen ist. Gegenüber gestern ist der Anstieg zur Stunde moderat. Die Vorgaben für die Preisentwicklung kommen im Wesentlichen vom Weltmarkt und dort beherrscht Russland die Tagesthemen. Je näher der erwartete Überfall auf die Ukraine rückt, desto wilder dürften die Preise nun zappeln.

Der Binnenmarkt für Heizöl ist trotz der hohen Preise belebt. Bestellt wird aus einer Vorratsnot heraus oder aus Sorge vor stetiger Teuerung. Die Hoffnung auf tiefere Preise ist auf ein historisches Tief gefallen. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht heute Morgen auf hohem Niveau für die Kaufintensität, das andere einem extremen Minderheitswert für die Erwartung auf fallende Heizölpreise.

Die Trendkanäle für die Heizölpreisentwicklung lassen keine Preiszuversicht zu. Sie weisen allesamt aufwärts. Für die 10-Jahres-Ansicht verzichten wir auf einen Trend, da dieser nur durch einen fast vollflächigen Seitwärtskanal dargestellt werden könnte. Das wäre aussagelos.

Unser Satz an alle Unentschlossenen lautet: Jetzt liegt die Krisenbevorratung näher als die Suche nach dem günstigen Moment.

Klarstellung: Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser.

Im Übrigen sind wir der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.

Quelle: esyoil