Internationaler Markt
Der steile Anstieg der Rohölpreise kam gestern zum Stillstand. Brent-Rohöl kostet heute Morgen knapp unter 90 Dollar je Barrel. Nicht billig, aber angesichts der zahlreichen Krisenherde weniger als erwartet.
Erneut übernehmen die USA die Rolle des Krisenmanagers. In den letzten Jahren waren die Sanktionen der USA gegen den ehemals großen Ölproduzenten Venezuela aus dem Blick geraten. Die linkspopulistischen Präsidenten Maduro und Chavez und ihre Parteicliquen hatten es in den letzten 20 Jahren geschafft, Venezuela von einem relativ stabilen Schwellenland zum Armenhaus Lateinamerikas herunterzuwirtschaften. Die spärlichen Staatseinnahmen kamen fast ausschließlich aus dem staatlichen Ölkonzern PVdSA, der immer stärker von der Substanz leben musste.
Im Jahr 2018 wurde die Opposition stärker, aber das Regime sorgte mit illegalen Mitteln dafür, dass sie in den Wahlen keine Chance hatte. Daraufhin verhängten die USA, wo ein großer Teil der Exilopposition untergekommen war, harte Ölexportsanktionen gegen das Land. Nur noch Russland und China ignorierten die US-Regeln und nahmen venezolanisches Öl gegen hohe Rabatte ab. Immer mehr windige Zwischenhändler in und außerhalb des Landes profitierten von den Geschäften.
Doch nun zeichnet sich eine Entspannung ab. Im nächsten Jahr stehen Wahlen an. Präsident Maduro kündigt offene Gespräche mit der Opposition an und will freie Wahlen ermöglichen. Washington signalisierte gestern umgehend, dass die Sanktionen bei fairen Rahmenbedingungen aufgehoben werden könnten.
Auch in den USA beginnt bald der Wahlkampf. Die Biden-Regierung will außenpolitische Erfolge vorweisen und vor allem die innenpolitisch heiklen Tankstellenpreise im Zaum halten. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine gelang das zunächst mit der Freigabe nationaler Ölreserven. Im laufenden Jahr drückte Washington bei den steigenden Ölexporten Irans beide Augen zu. Im kommenden Jahr könnte zusätzliches Öl aus Venezuela für Entspannung sorgen.
Gleichzeitig bleiben die USA im Israel-Hamas-Krieg aktiv. Präsident Biden will morgen nach Israel reisen. Die Lage ist dort weiterhin sehr angespannt. Eine Bodenoffensive im Gaza-Streifen steht anscheinend kurz bevor. Teheran bleibt verbal aggressiv, aber die vom Iran gesteuerte Hisbollah-Milizen verhalten sich relativ ruhig.
Der Ölmarkt setzt im Moment auf Optimismus. Die Preise geben nach. Am Morgen kostet Brent-Rohöl 89,72 US-Dollar je Barrel. Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 86,64 US-Dollar je Barrel. Rotterdamer Gasoil notiert bei 913,00 Dollar je Tonne. Der US-Dollar ist 0,9479 Euro wert. Damit steht der Euro bei 1,0548 Dollar.
Nationaler Markt
Der Heizölmarkt hat auf die fallenden Rohölpreise bislang kaum reagiert. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt heute Morgen einen fast unveränderten landesweiten Durchschnittspreis von knapp 116 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Die Preise bleiben damit in der Nähe des gestrigen Jahreshochs.
Da die Preise für Gasoil, das Vorprodukt der Raffinerien für Heizöl, sogar noch stärker als Rohöl gefallen sind, konnte der Heizölhandel seine Margen weiter ausweiten. Kein Wunder, denn die Zahl der Bestellungen sprang gestern auf ein weit überdurchschnittliches Niveau. Angesichts der aktuellen Lage in Nahost wollte niemand mit leerem Tank in den Winter gehen.
Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, bleibt auf der zweithöchsten Stufe. Die Verbraucher werden gleichzeitig pessimistischer. Die tägliche Lesereinschätzung zeigt, dass fast jede zweite Stimme einen Preisanstieg erwartet. Das ist ein ungewöhnlich hoher Anteil.
Reserven im Tank können im Moment sicherlich nicht schaden. Die kurze Phase sinkender Heizölpreise scheint erst einmal vorbei, denn eine rasche Entspannung in Nahost ist unwahrscheinlich. Zur selben Zeit sinken weltweit die Lagerbestände und vor allem in Europa ist die Versorgung mit Diesel/Heizöl wie schon in den letzten Jahren auf Kante genäht.
In jedem Fall gilt jedoch: Nichts ist billiger und klimaschonender als Heizöl, das nicht verbrannt wird. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihre aktuelle Heizlösung, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der globalen Klimakrise und der demnächst wieder steigenden CO2-Abgaben. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche Tipps und Empfehlungen bereit.
Quelle: esyoil